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Mein Jahr im Wasser

115 Mal. So oft war ich in den letzten 12 Monaten im Wasser. Fast jede Woche, manchmal sogar öfter. Bei jedem Wetter, egal ob Nieselregen, Schneetreiben oder brütende Hitze – ich bin geschwommen. Manchmal morgens um 7 Uhr, manchmal abends bei Vollmond. Oft alleine, mit mit meinem Sohn, manchmal mit Freunden. Und jeder einzelne dieser 115 Schwimmgänge war auf seine Weise besonders.

Ich war in Alberweiler und im Olzreuter See, im Lindenweiher, in Ummendorf und im Bodensee. Ich bin in den Blausee eingetaucht, habe im Gardasee meine Bahnen gezogen, bin durch den Degersee geschwommen und habe im eiskalten St. Moritz See den Atem angehalten. In Wullenstetten war ich, im Lej de Stazm Lee Marsch und im Fornogletscherstausee in der Schweiz, in Italien im Gardasee– und sogar jenseits des Atlantiks: Colorado River, Grand Lake, Grandstaff Canyon, Bear Lake, Jackson Lake, Yellowstone Lake, Spearfish Creek, Arkansas River.

Ich habe Eisschollen zur Seite geschoben. Ich habe mit Hammer und Pickel Eislöcher geschlagen, bin in eiskaltes Wasser eingetaucht, das kaum 0 Grad hatte – genau genommen lag mein persönlicher Kälterekord bei -3 Grad Lufttemperatur. Die wärmste Messung, an einem Sommertag: 26,5 Grad. Im Winter messe ich die Temperatur fast jedes Mal, im Sommer höre ich ab 18 Grad auf – denn dann wird das Wasser nicht mehr zur Mutprobe, sondern zur Wohltat.

Ab 18 Grad brauche ich keine Schwimmkappe mehr. Ab 16 Grad ziehe ich die Neoprensocken aus. Unter 11 Grad nehme ich meine Schwimmboje mit – Sicherheit geht vor.

Und immer wieder diese Glücksgefühle. Mal sind sie leise, nur ein inneres Aufleuchten. Mal überwältigend – nach einem Regenschwimmen, wenn die Tropfen auf der Wasseroberfläche tanzen und ich ganz allein im See bin. Diese Stille. Dieses Getragenwerden. Im Wasser verschwindet die Welt. Es gibt nur das Hier und Jetzt.

Natürlich: Wenn die Temperaturen steigen, kommen auch die Menschen. Ab 18 Grad ist man selten allein. Es sei denn, man geht früh – ganz früh. Um 7 Uhr zum Beispiel, wenn der See noch dampft und die Welt schläft. Im Sommer wird das Timing wichtig: Man sucht sich die stillen Schwimmfenster – bei Sonnenaufgang, wenn der Tag noch jung ist, oder abends, wenn der Vollmond die Oberfläche silbern färbt.

Jeder Schwimmgang hat seinen eigenen Reiz. Es gibt keinen einzigen, den ich bereue. Das Freischwimmen ist zu einem festen Teil meines Lebens geworden. Ich mag nicht mehr ohne. Es ist wie eine Droge – aber eine, die Körper und Seele nährt.

Ein Jahr im Wasser. 115 Mal Glück. Und es hat gerade erst begonnen.

Sunset Swimmingpool
Sunset Swimmingpool

 
 
 

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